Mit diesem Tutorial wirst du in wenigen Schritten und ohne Studium oder andere besondere Anstrengungen zum Journalisten. Du brauchst keine Talente oder übermäßige Intelligenz. Es reicht das folgende Regelwerk, das ich in aller Kürze erklären werde. Mit diesem Wissen kannst du dich problemlos als Profi-Journalist behaupten.
Selbstverständlich werden diese paar Minuten nicht zur Qualität führen, wie beispielsweise die Kollegen vom „Monitor“ schon oft gezeigt haben oder etwa die Kollegen, welche die Panama-Papers aufgedeckt und detailliert aufbereitet haben. Hierzu müsste man halt dann doch etwas tun, also gut recherchieren, tief bohren, Zusammenhänge erkennen und offenlegen, den Ist-Zustand hinterfragen. Unterm Strich ist das einfach viel zu viel Arbeit. Vielmehr wird dieses Tutorial zum drittklassigen Journalisten ausreichen. Aber das macht nichts. Denn mit dieser Qualitätsstufe fällst du in der heutigen Medienlandschaft zumindest nicht sonderlich auf.
Als werdender Journalist muss man vor allem wissen, dass bestimmte Situationen immer wieder vorkommen und dass man dann bestimmte Dinge zu diesen vorgefertigten Situationen sagen oder schreiben muss. Habt ihr diese wenigen Punkte auswendig gelernt, könnt ihr ganze Zeitungen füllen, Kommentare schreiben, Talkshows moderieren und vieles mehr.
Die Streik-Situation
Spart euch die Zeit und fangt bloß nicht an, im Falle eines Streiks, euch mit seinen Hintergründen zu beschäftigen. Ein Journalist muss auch nicht die Lohnentwicklung der letzten Jahre innerhalb des bestreikten Betriebes oder der Branche kennen. Ganz im Gegenteil. Das erhöht lediglich den Aufwand, bis ein Artikel zum Thema fertiggestellt werden kann. Ein Journalist muss im Streikfall hauptsächlich wiederholen, dass mit den „übertriebenen Forderungen“ der Arbeitnehmer niemandem geholfen sei. Anstatt vernünftig miteinander zu reden, um sich zu einigen, setze die Gewerkschaft „einseitig“ auf Eskalation, um ihre „egoistischen Ziele“ gegen die Interessen „des ganzen Landes“ durchzusetzen. Um das zu unterstreichen, führe immer wieder Interviews mit genervten, verständnislosen Pendlern oder anderen mehr oder weniger Betroffenen. Mache immer wieder deutlich, dass die Gewerkschaft auf dem „Rücken der Betroffenen“ ihre Ziele rücksichtlos versucht durchzusetzen. Sollte es Solidaritätsbekundungen oder sogar Unterstützer-Demonstrationen geben, ignoriere sie möglichst. Wichtig ist vor allem, dass man die Forderungen der Gewerkschaft nicht in den Zusammenhang jahrelanger Lohnsenkungen, Ausbau des Niedriglohnsektors, Verschlechterungen bei Urlaub, Renten, Pausen, Erhöhung der Arbeitsintensität, Zunahme von stressbedingten Krankheiten, usw. stellt. Das erhöht nur die Irritationen und relativiert geradezu den „puren Egoismus“ der Gewerkschaften. Vielmehr steht dieser eine Streik für sich ganz alleine. Es gibt keinerlei Zusammenhang zu anderen Entwicklungen. Wichtig ist nur: dieser Streik ist völlig übertrieben, unverhältnismäßig und vor allem egoistisch! Wiederhole.
Ein paar Wochen später beim nächsten Streik geht das ganze Spiel von vorne los. Wichtig hierbei ist aber, dass der vorangegangene Streik nicht mehr erwähnt wird. Denn, nicht vergessen: Es gibt keinen Zusammenhang!
Die Terror-Situation
Die Terror-Situation hat sich in gewisser Weise zum Glücksfall für den drittklassigen Journalisten entwickelt. Hier hat er ein leichtes Spiel. Ein paar Floskeln von Fassungslosigkeit und tiefster Trauer, lassen sich schnell zusammenschreiben und in jede Kamera sprechen. Im Falle der Kamera sollte man nicht vergessen, eine gewisse Anspannung im Gesicht zu zeigen. (Ist bei dem Thema besser).
Bei der Terror-Situation ist von großer Wichtigkeit, dass das Wort „Terror“ nicht wahllos verwendet werden darf. Ein hinterhältiger Anschlag mit Todesfolge ist erst dann „Terror“ oder „Terrorismus“, wenn der Täter Achmed oder Machmut oder Abdul oder sowas heißt. Heißt der Täter dagegen Manfred oder Niels oder Heinz-Peter, dann schreib einfach, dass er psychische Probleme hat oder sich kürzlich erst von seiner Frau getrennt hat. Es hat sich in den letzten Jahren im Kollegium die beinahe einheitliche Meinung herausgebildet, dass nur Moslems, die töten, Terroristen sind. Moslems, die töten, sind notwendigerweise Teil einer großen, weltweit koordinierten Verschwörung. Außerdem ist die gesunde und stabile Psyche des Moslems unter keinen Umständen zu hinterfragen. Der islamistische Selbstmordattentäter, der viele ihm völlig fremde Menschen und sich selbst töten will, ist psychisch völlig stabil und kerngesund. Nicht aber Niels oder Manfred. Denen ging’s wohl nicht so gut in letzter Zeit.
Von nun an läuft es, wie von ganz allein: Lade Terror-Experten ein, stelle die staatlichen Sicherheitsmaßnahmen in Frage, fordere mehr Kameras. Viel mehr Kameras. Und noch mehr Kameras. Damit kann man schon mal viel Sendezeit vollkriegen. Mache mehrere Wochen und Monate Talkshows über die Unvereinbarkeit von Islam und „unserer demokratischen Werteordnung“. Wichtig ist, dass man auch in diesem Fall über keine Zusammenhänge zu vergangenen und laufenden Kriegen und bewaffneten Konflikten, beispielsweise im arabischen Raum spricht. Das hat rein gar nichts miteinander zu tun. Absolut nichts. Null.
Auch sollte man nicht erwähnen, dass die größten internationalen Terror-Unterstützer, Saudi Arabien, Katar, u.a. unsere Partner sind, die Geld und Waffen von uns bekommen und diese Mittel dann wiederum an islamistische Milizen weitergereicht werden. Das hat rein gar nichts miteinander zu tun. Absolut nichts. Null.
Genau so muss unbedingt vermieden werden, nach Ursachen für die Radikalisierung junger Menschen zu fragen, die sich so sehr in dieser Gesellschaft entfremdet haben, bis sie voller Hass und kranker Ideen waren. Es reicht völlig aus, Fassungslosigkeit darzustellen. Denk an deinen Gesichtsausdruck.
Böse Fassbomben vs. westliche Wertegemeinschaftsbomben
Bisher haben wir ganz einfache Regelwerke gelernt. Es reicht in diesen Fällen einfach die Floskeln, wie oben beschrieben, runterzutexten. Jetzt wollen wir eine Schwierigkeitsstufe hinaufklettern und lernen, wie man unterschiedliche Bewertungen für das selbe Geschehen findet. Es klingt kompliziert. Aber keine Sorge. Mit diesem Tutorial bekommt ihr ausreichend Hilfestellung, sodass ihr in der konkreten Situation nicht durcheinander geratet.
Im Krieg schmeißen in der Regel alle beteiligten Seiten Bomben und töten Menschen. Um hier den Überblick zu behalten, was denn jetzt gut und was nicht gut ist, muss man sich an folgende Regeln halten:
Unsere Seite ist die gute Seite!
Also wenn befreundete Regierungen, Nato-Partner, die Bundesregierung, einzelne Westmächte, unsere Partner, usw. Bomben auf andere Länder abwerfen und Menschen töten, dann steckt da hinter ein hochgradig moralisches Ziel. Seid kreativ. Erklärt wieso unsere Bomben den Menschen dort im Prinzip helfen. Erzählt Geschichten von der bösen Gegenseite, die Babys aus Brutkästen rauswirft oder wie Massenvernichtungswaffen auf die ganze Welt gerichtet sind und sie bedrohen. In der Regel liefern euch die teilnehmenden Regierungen und ihre Geheimdienste ausreichend Material als Gründe für das Bombardieren. Falls euch nichts einfällt, schreibt einfach aus diesen öffentlich zugänglichen Presseerklärungen ab. Dass die Gegenseite böse ist, ist das Eine. Nicht zu vernachlässigen ist, dass immer mitschwingen sollte, dass „unsere Ziele“ rein moralisch und aus einer Art demokratischem Gewissen resultieren. Diese Ziele haben grundsätzlich nichts mit der Sicherung von Ressourcen und Absatzmärkten zu tun oder mit dem im Schach halten von konkurrierenden Machtblöcken. Auf keinen Fall.
Pazifisten, Linke und Aktivisten, die sich gegen „unsere“ Kriege stellen, muss man Weltfremdheit unterstellen. Wenn die nicht locker lassen, müsst ihr penetrant wiederholen, dass diese Pazifisten und Linken heimliche Unterstützer des gegnerischen, bösen Regimes sind. Egal wie oft diese dann öffentlich behaupten, dass sie keine Unterstützer sind, sie haben von nun an einen gewissen Mief an sich, den sie nicht mehr ganz loswerden. Das ist sehr hilfreich. Denkt immer dran.
Wir haben gelernt, wie ihr euch in der Kriegssituation leicht durchmogeln könnt und damit auch noch einen Beitrag für ein humanes, demokratisches Miteinander in der Welt leistet. Vielleicht könnt ihr bereits an dieser Stelle des Tutorials die Frage eigenständig beantworten, warum jede schreckliche Tat Putins und Assads im Fokus der Medienwelt ist, aber jede schreckliche Tat Saudi Arabiens im Jemen oder in Syrien ganz einfach ignoriert wird.
Lösung: Saudi Arabien ist unser Freund, also gut!
Sozialpolitik – Populismus vs. Realpolitik
Auch in der Wirtschafts- und Sozialpolitik muss man als Journalist bestimmte Vorschläge und Kontroversen einordnen. In der Sozialpolitik sind hierfür nicht mehr als zwei Einstufungsmöglichkeiten nötig. Realpolitisch und somit wirtschaftlich vernünftig ist die eine Möglichkeit und populistisch und wirtschaftsschädlich die andere.
Als Faustregel gilt: Forderungen, die darauf abzielen, Banken, Konzerne und Vermögende zu belasten, um mit den Mitteln Bildung, bessere Löhne, soziale Sicherungen, Renten, Gesundheit und Grundversorgung in der Breite der Bevölkerung zu verbessern, sind populistisch. Dagegen sind Forderungen nach niedrigeren Steuern für die Wirtschaft und weniger Ausgaben bei der Grundversorgung vernünftig und „gut für unser Land“.
Nun reichen diese beiden Leitsätze zwar inhaltlich völlig aus. Aber hier müsst ihr wieder kreativ sein. Schließlich müsst ihr ja ne ganze Zeitung vollkritzeln. Also schreibt lang und ausführlich, wie eine Erhöhung des Mindestlohnes beispielsweise oder die höhere Besteuerung von riesigen Vermögen die gesamte Wirtschaft so nachhaltig zerstören würden, dass sich die Wirtschaft nie wieder erholen würde und alle Betriebe nach China auswandern. Eure Sätze sollten oft mit „gerade mittelständische Unternehmen…“ anfangen oder „auf Kosten der nächsten Generation“ beinhalten. Doch das Untergangsszenario allein reicht noch nicht. Ihr müsst denjenigen, die diese Forderungen aufgestellt haben, Populismus und Verlogenheit vorwerfen.
Umgekehrt ist jede weitere Steuersenkung und Deregulierung „wirtschaftspolitisch vernünftig“, ja sogar „alternativlos“. Auch hier kann man ganz leicht viel Text produzieren. Schreib einfach etwas von Wettbewerbsfähigkeit und Zukunftsfähigkeit. Digitalisierung ist auch immer wichtig. Denn nur wenn die Milliardäre noch mehr entlastet werden, schreitet auch die Digitalisierung voran und alles wird gut oder so. Letztlich sind die vorgeschlagenen Maßnahmen auch gesamtgesellschaftlich super gut, weil durch die Entlastungen und Deregulierungen entstehen Arbeitsplätze irgendwie. Am besten erwähnt an dieser Stelle die Mindereinnahmen durch die Steuerentlastungen nicht und die damit einhergehenden Sparmaßnahmen. Und erklärt bloß nicht zu konkret, was für Arbeitsplätze in den letzten Jahren da überhaupt entstanden sind. Zu deprimierend.
An dieser Stelle des Tutorials können wir eine kleine Übung machen. Mit dem bisherigen Wissen über Sozial- und Wirtschaftspolitik könnt ihr ganz leicht eine Einordnung vornehmen. Aber ich schreibe noch die Lösung hinter einem Stichwort oder einer Forderung, damit ihr eure Ergebnisse kontrollieren könnt:
- Niedrigere Sozialversicherungsbeiträge bzw. Lohnnebenkosten für Arbeitgeber? (Vernünftig)
- Niedrigere Sozialversicherungsbeiträge für Arbeitnehmer? (Populistisch)
- Höhere Löhne? (Populistisch)
- Ausbau des Niedriglohnsektors? (Vernünftig, aber Achtung. Formuliert das ab und zu um, z.B. als „Einstiegschancen ins Berufsleben“)
- Lokführer-Streik der GDL? (Katastrophe, Untergang, purer Egoismus, beinahe Terror)
- Kriminelle, global operierende Steuerhinterziehungsnetzwerke? (Achselzucken)
- Mindestlohnerhöhung? (Populisitsch)
- Mindestlohn abschaffen? (Vernünftig)
- Harzt 4 abschaffen und durch ein armutsfestes Prinzip ersetzen (Populistisch)
- Hartz 4 abschaffen und durch nichts ersetzen (Eine Überprüfung ist es wert, eventuell vernünftig)
Seht ihr, wie leicht das ist. Es schreibt sich, wie von allein.
Kritik neutralisieren – aber ohne inhaltlich darauf einzugehen
Immer wieder werden Journalisten ungerechtfertigterweise Angriffen von Kritikern ausgesetzt. Der Umgang mit Kritik von Rechts ist leicht. Gib ihr einfach Recht und bestätige, dass du zu linkslastig geschrieben hast und dass das irgendwas mit den 68ern zu tun hat und dem PC-Zwang, dem man auch als Journalisten schutzlos ausgeliefert ist. Um rechte Kritik geht es in der Regel aber auch gar nicht.
Komplizierter ist linke und inhaltliche Kritik. Hier wird richtig argumentiert. Um also nicht in die Falle von echter Debatte zu tappen – denn das wollen die ja nur – musst du die Kritik neutralisieren, ohne darauf einzugehen. Da gibt es verschiedene Möglichkeiten, die dir helfen, dich weitgehend aus der Diskussion herauszuhalten und du musst dich weiterhin nicht mit dem von dir angesprochenen Thema beschäftigen.
Bis vor einigen Jahren war es einfach. Wir mussten dann nur sagen, dass Links und Rechts „heutzutage“ gar nicht mehr existieren. Irgendwie kann man das so heute eigentlich nicht mehr sagen. Ich kann auch nicht erklären, was da passiert ist. Aber Rechts und Links sind offenbar wieder da. Unerklärbar für unser Einer. Woher sollen wir auch wissen, wo so Etwas plötzlich wieder hergekommen sein könnte? Wir mussten uns also in den letzten Jahren etwas Neues ausdenken. Jetzt sagen wir einfach, dass Rechts und Links gleich sind. Sollte es also eine Kritik von linker Seite gegen deine angebliche tendenziöse Berichterstattung, oder allgemeiner noch, gegen die Verstrickungen von Medien und Kapital geben, geh bloß nicht auf die Fakten oder auf die aufgedeckten Netzwerke ein. Das führt immer in eine Sackgasse. Außerdem sind entsprechende Freundschaften ja nicht gänzlich von der Hand zu weisen. Sag einfach, dass dich diese Kritik an rechte Verschwörungstheorien erinnert und dass sie das selbe ist, wie die „Lügenpresse“ – Vorwürfe der Rechtsradikalen. Es funktioniert ganz leicht. Und das reicht auch schon. So gewinnst du beinahe jede Debatte. Egal worum es in der Kritik im Einzelnen geht. Du musst dich gar nicht weiter damit befassen. Um das Ganze noch etwas zu schmücken, verbinde linke Kritik mit rechter Hetze und Propaganda. Beispielsweise kannst du einfach sagen, dass die Kritik der Linken an der NATO-Osterweiterung für eine tiefe Liebe zu Putin steht, ganz genau, wie bei den Neurechten. Setze die Kritik an der Nahost-Politik der USA und ihrer Freunde mit nationalistischem Antiamerikanismus gleich. Verbinde Kritik an der Regierung Israels mit stumpfem Antisemitismus der Nazis und sag, dass das irgendwie das Selbe sei. Es fragt eh keiner genauer nach, wie das denn nun zusammenhängt. Etwas von dem Dreck bleibt auf jeden Fall hängen. Und mindestens genauso wichtig: um die aufgeführten Fakten, Argumente, Inhalte geht es gar nicht mehr.
Die Links-ist-Rechts-Argumentation ist ein hilfreiches Werkzeug in der Toolbox eines drittklassigen Journalisten. Dennoch ist manchmal Feingefühl nötig. Schließlich sind Links und Rechts gar nicht wirklich gleich. Zeige Verständnis für „besorgte Bürger“. Lade AfDler in jede einzelne Talkshow ein, um über ihre „Nöte und Ängste“ zu sprechen. Verbinde jede aufkommende Fragestellung irgendwie mit Flüchtlingen / Araber / Islam. Egal, ob Zukunftsängste, Kinderarmut, Obdachlosigkeit. Verknüpfe das Thema mit „den Flüchtlingen“, bis man jedes Problem nur noch in diesem Zusammenhang begreift.
Sollte es versehentlich zum Thema rechte Gewalt kommen, nehme das besorgt zur Kenntnis und trumpfe prompt auf mit den aktuellen Zahlen „linker Gewalt“. Das Universum ist somit wieder im Gleichgewicht und Einklang und du kannst weitermachen mit Flüchtlingen und Islam.
Tipps zum Abschluss des Tutorials
Bei Phänomenen, welche die Gesellschaft vor komplexen Fragestellungen stellen, analytische Debatten über Ursache und Wirkung nötig wären, aus denen sich am Ende eventuell die Notwendigkeit tiefgreifender Veränderungen ableiten lassen könnten, stelle vereinfachte Verbindungen her.
Sehr gelungen ist zum Beispiel die Verknüpfung des Themas Antisemitismus mit Zuwanderung und Islam. Wer hat denn jemals von antisemitischen Deutschen gehört? Wir sind doch aus der „christlich-jüdischen Tradition“. Seit dem frühesten Mittelalter haben die Christen ihre jüdischen Nachbarn mit sehr viel Liebe behandelt. Doch dann kamen die Flüchtlinge. Und jetzt gibt es Antisemitismus. Bei uns! Hier in Deutschland! Unfassbar! Dank der Zuwanderung von Menschen, die den Antisemitismus einfach so von Natur aus in sich tragen, ist dieses völlig unbekannte Phänomen nun hier angekommen. Jedesmal wenn du über Antisemitismus sprichst, musst du Flüchtlinge und Islam im Zusammenhang erwähnen. Das musst du so oft machen, bis sich kein Deutscher mehr vorstellen kann, dass die getrennt voneinander bestehen können. Selbst Deutsche, die an eine weltweite jüdische Verschwörung glauben, die Deutschland in die Knie zwingen will, beginnen nach einer Weile vor dem arabischen Antisemitismus zu warnen. Wenn du das geschafft hast, hast du hervorragende Arbeit geleistet!
Genau so Sexismus. Bis zur Silversternacht in Köln 2015 hat es in Deutschland noch nie Sexismus und Gewalt gegen Frauen gegeben. Auf jeder Kirmes, bei jeder Karnevals-Polonaise und beim Fasching sowieso werden Frauen von abgefüllten, sabbernden und halb kotzenden Männern mit Respekt und Liebe behandelt. Dass ein deutscher Mann jemals eine Frau belästigt hätte, hat man noch nie gehört. Auch auf Malle und sowieso weltweit wird die zurückhaltende, bescheidene Art deutscher Männer in höchsten Tönen gelobt und ist Beispiel für Umerziehungscamps von Sexualstraftätern in Thailand und Singapur. Aber dann kamen die Moslems und Flüchtlinge aus den Nafri-Ländern und zerstörten dieses Bild des liebevollen deutschen Familienvaters. Wir wissen natürlich, „die“ haben es nun mal nicht anders gelernt in ihren Kameltreiber-Ländern. In irgendwelchen Höhlen haut man Frauen einfach kulturell bedingt. Seit dem die hier sind, haben wir Sexismus in Deutschland. Mach dazu eine Talkshow nach der anderen. Lad Alice Schwartzer ein. Oder Alice Weidel. Oder lade beide ein. Die sind sich eh einig. Und trotzdem sieht das dann irgendwie wie Meinungsvielfalt aus.
Wenn es zu Gewalt auf Demonstrationen kommt, fang bloß nicht an zu recherchieren. Schließlich willst du ja auch mal Feierabend machen. Schreib einfach die Presseberichte der Polizei ab. Da steht alles drin. Die würde ja im Leben nicht auf die Idee kommen, zu lügen. Und dann thematisiere monatelang die wachsende Gewaltbereitschaft der Linken und fordere härtere Strafen und mehr Aufrüstung und Überwachung für Polizei und Geheimdienste. Mehr Kameras auch. Das ist unbedingt nötig. Kameras!
Wichtig bei all dem ist nur, dass es nicht grundsätzlich werden darf, die Entwicklungen nicht in einem größeren Zusammenhang gebracht werden sollten und schon gar nicht, dass man die gesellschaftlichen Verhältnisse beginnt in Frage zu stellen und nachher sogar noch die Einsicht erwachsen könnte, dass etwas grundsätzlich schief läuft und es eventuell an der Zeit sein könnte, alternative Gesellschaftsmodelle zu diskutieren. Bloß nicht.
Alles Gute und viel Erfolg!
Du hast in diesem Tutorial gesehen, wie du dich mit wenigen Handgriffen durch die verschiedenen Situationen navigieren kannst. Dabei haben wir gesehen, es gibt immer wiederkehrende Situationen, zu denen man im Prinzip immer wiederkehrende Sätze zusammenpuzzeln kann. Andere Situationen erfordern etwas mehr Bewertungsfähigkeit. Aber auch hier habe ich euch nützliche Tipps an die Hand gegeben. Zuletzt sind wir noch auf das Auseinandernehmen von Kritikern eingegangen und haben noch einmal grundsätzlich festgehalten, dass wir bloß nicht grundsätzlich werden sollten.
Damit bist du für jede Situation gewappnet und kannst dir einen zusammenschreiben, ohne dass jemand merkt, dass du von all dem eigentlich keinen Schimmer hast. Oder wenn du doch intellektuell begreifst, was hier los ist, dann merkt mit diesem Regelkatalog keiner, dass es dir eben einfach scheißegal ist, wo die Reise hingeht.
Fertig. Du bist drittklassiger Journalist, der in der Medienlandschaft nicht sonderlich auffällt.
Gratuliere!
Und im nächsten Tutorial geht es darum, wie man ein AfD-Spitzenpolitiker wird. Das ist sogar noch einfacher.